[Erstmals erschienen im Jänner 2019 in der Zeitschrift htu.info]

Rund 8,8 Millionen Euro hat das US-Verteidigungsministerium von 2009 bis 2014 für Forschungsprojekte an österreichische Unis und an die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) bezahlt. Das geht aus einem Bericht der Wiener Zeitung von 2014 hervor[1]. Forschungskooperationen zu militärischen Zwecken sind keine Seltenheit und werden mittlerweile auch von EU-Geldern finanziert. Wir, Studierende gegen Rüstungsforschung fordern unsere Uni auf, keine Forschungsgelder aus Militärtöpfen anzunehmen und ausschließlich für zivile und friedliche Zwecke zu forschen. Nur so kann die TU ihrem Motto „Technik für Menschen“ gerecht werden. Um eine Diskussion darüber anzustoßen, zeigen wir am 12. März 2019 um 19:30 den Film „Weapon of Choice“ im Schikaneder.

Alles nicht so schlimm?

Oftmals wird argumentiert, das sei doch alles nicht so schlimm, schließlich handle es sich um ‚Dual-Use-Forschung‘. Die Forschung diene nicht nur militärischen Zwecken, es würde sich auch ein ziviler Nutzen ergeben. Doch Expert*innen sehen das Kritisch. „In der modernen Techno-Wissenschaft kann Grundlagen- und Anwendungsforschung nicht mehr getrennt werden, genauso wenig wie gesagt werden kann, das ist nur militärische oder nur zivile Forschung.“, so Univ.Prof. Wolfgang Liebert (BOKU) in der Wiener Zeitung[1]. Das Konzept ‚Dual-Use-Forschung‘ schaffe bewusst Grauzonen, kritisiert er.

Die Absicht von Fördergeber*innen ist hingegen meist klar. Deshalb macht es einen großen Unterschied, ob ein Forschungsprojekt von zivilen Institutionen finanziert wird, oder ob das Geld aus Rüstungstöpfen kommt.

EU stellt 4,1 Milliarden für Rüstungsforschung bereit

Am 12. Dezember 2018 wurde unter österreichischer Ratspräsidentschaft der ‚Europäische Verteidigungsfonds‘ (EDF) vom EU-Parlament genehmigt. Das Programm sieht vor, von 2021 bis 2027 die europäische Rüstungsindustrie mit 13 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu fördern. Davon sind 4,1 Milliarden für Rüstungsforschung vorgesehen[2]. Durch nationale Kofinanzierung werden Gesamtinvestitionen von bis zu 48,6 Milliarden Euro erwartet[3]. Finanziert wird diese Rüstungssubvention mit Steuergeldern, die der zivilen Gesellschaft und der demokratischen Kontrolle entzogen werden.

Wissen, wo das Geld herkommt

Aufgrund der knappen öffentlichen Basisfinanzierung stehen Universitäten zunehmend unter Druck, Drittmittel anzuwerben. Dabei handelt es sich um zusätzliche Mittel, welche Universitäten projektbezogen von Dritten anwerben (sh. Infobox). Auf der TU sind bereits 38% des wissenschaftlichen Personals drittmittelfinanziert[4]. Der Drittmittelanteil am Gesamtbudget der TU beträgt etwa 25%. Ein Großteil davon kommt aus der öffentlichen Forschungsförderung und aus EU Programmen. Doch das öffentliche Geld für zivile Forschung ist knapp. Der FWF, Österreichs größter Drittmittelgeber, bewilligte 2015-2017 nur 22% der beantragten Mittel. Da ist es für Forschende verlockend, ihre Schwerpunkte nach den Interessen von Rüstungsakteur*innen zu orientieren, deren Kassen selten leer sind.

Infobox: Was sind Drittmittel

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung stellt den Universitäten ein Globalbudget zur Verfügung. Dieses setzt sich aus dem Grundbudget, das auf einer Leistungsvereinbarung mit den Universitäten beruht, den Hochschulraum Strukturmitteln (HRSM), die indikatoren- und projektbezogen vergeben werden, und den Beiträgen von Studierenden zusammen. Zusätzlich zum Globalbudget, das im Universitätsgesetz geregelt ist, kommen Drittmittel (Abb. 1). Das sind Einnahmen der Universitäten, die zum Beispiel durch Projektanträge oder Auftragsforschung von Dritten lukriert werden (Abb. 2). Auf der TU beträgt der Anteil von Drittmitteln am Gesamtbudget etwa 25%[4, 5], im österreichischen Schnitt sind es etwa 17%[5, 6].

Mittel für österreichische Hochschulen (Quelle: [5, 6], Grafik: eigene Darstellung)
Erlöse aus F&E-Projekten/Projekten der Entwicklung und Erschließung der Künste im Jahr 2017 (Quelle: [4], Grafik: eigene Darstellung)

Zivilklausel

Um die Freiheit von Forschung und Lehre zu stärken, haben sich in Deutschland bereits 63 Universitäten dazu entschlossen, eine Zivilklausel zu verabschieden. Darin distanziert sich die Universität von rüstungsrelevanter Forschung und deren Geldgeber*innen und verpflichtet sich, nur für zivile und friedliche Zwecke zu forschen. Weiters wird an die Eigenverantwortung von Wissenschaftler*innen appelliert. Dies ist häufig mit Transparenzregelungen für Drittmittelprojekte und Bewusstseinsbildung zu Forschungsfolgen und ‚Dual-Use‘ verbunden.

Studierende gegen Rüstungsforschung

Wir sind eine Gruppe Studierender, die sich aktiv mit dem Thema beschäftigen. Auf unserer Uni soll frei und zum Wohle der Menschheit gelehrt und geforscht werden. Militärinteressen haben da für uns nichts verloren. Wir fordern eine bessere öffentliche Basisfinanzierung, volle Transparenz bei Drittmittelprojekten sowie eine breite Diskussion über ‚Dual-Use-Forschung‘, sowie die Einführung einer Zivilklausel. Um die Diskussion anzustoßen, wird es Anfang März ein Filmscreening mit Podiumsdiskussion geben. Wir möchten uns auch mit anderen Unis vernetzen um gemeinsam unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wir freuen uns über alle, die mitmachen möchten! Ihr könnt uns unter stugeru@riseup.net kontaktieren.

Lukas Rachbauer für Studierende gegen Rüstungsforschung

Quellen:

[1] Figl, B. und Strunz, B.: US-Militär lässt an Österreichs Universitäten forschen (08.07.2014), URL: https://www.wienerzeitung.at/dossiers/pentagongelder/643644_US-Militaer-laesst-an-Oesterreichs-Universitaeten-forschen.html

[2] European Parliament: Parliament wants to foster innovation with a €11.5 billion European Defence Fund (12.12.2018), URL: http://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20181212IPR21636/parliament-wants-to-foster-innovation-with-a-EU11-5-billion-european-defence-fund

[3] Brömme, T: Vom Friedensnobelpreis zum Kriegstreiber (13.12.2018), URL: https://www.heise.de/tp/features/Vom-Friedensnobelpreis-zum-Kriegstreiber-4248011.html

[4] Technische Universität Wien: Wissensbilanz 2017 (25.04.2018), URL: https://www.tuwien.ac.at/fileadmin/t/tuwien/news_o/TUW_Wissensbilanz_2017.pdf

[5] Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung: Universitätsbericht 2017 (12.03.2018), URL: https://www.bmbwf.gv.at/fileadmin/user_upload/wissenschaft/publikationen/Universit%C3%A4tsbericht_2017_barrierefrei_20180312.pdf

[6] DerStandard: Drittmittel an Hochschulen: Wissen, wo das Geld herkommt (26.09.2017), URL: https://derstandard.at/2000064812973/Drittmittel-an-Hochschulen-Wissen-wo-das-Geld-herkommt